Über einhundert stolze Absolvent*innen durften Ende Juni ihre finalen Zeugnisse entgegennehmen. Unter ihnen: Verena Malle und Marie-Christin Mossegger. Mossegger als Mitglied der Schülervertretung, Schulsprecherin und zuletzt Landesschulsprecherin und Malle als ihre kongeniale Partnerin setzten über viele Jahre Akzente im Schulalltag der WI’MO, von der Mottowoche über Social-Media-Aktivitäten bis hin zum Lehrer-Maturanten-Match im Völkerball.
Im diesjährigen Jahresbericht der WI’MO standen die beiden, die sich auch im Vorstand der Schülerunion engagieren, Rede und Antwort. Lesen Sie hier das ungekürzte Interview.
Unübersehbar ist es euch ein Anliegen, den Schulalltag aktiv mitzugestalten. Was treibt euch an?
Marie-Christin Mossegger: Es gibt viel zu wenige Jugendliche, die sich trauen, selbst Vorschläge zu machen und Ideen umzusetzen. Dann bleibt die Schule so, wie so früher einmal war. Das Schulsystem gehört aber ins Jahr 2023 geholt. Jede Generation entwickelt sich auf ihre Weise, da muss die Schule mitziehen. Es ist in vielen Bereichen möglich, etwas zu verändern, aber jemand muss den Anstoß dazu liefern.
Jede Generation entwickelt sich auf ihre Weise, da muss die Schule mitziehen. Es ist in vielen Bereichen möglich, etwas zu verändern, aber jemand muss den Anstoß dazu liefern.
– Marie-Christin Mossegger
Verena Malle: Es macht natürlich auch Spaß, mitzumischen und Vorhaben zu verwirklichen. Es war mir wichtig, nicht nur das Mindeste zu tun. Mich zu engagieren, gibt mir etwas.
Mossegger: Es sind auch Taten, die uns stolz auf unsere Schulzeit zurückschauen lassen. In der Schülerunion haben wir 2022 das Jugendvolksbegehren für Mental Health initiiert, das von mehr als 130.000 Menschen unterschrieben wurde, um mehr Unterstützung für die psychische Gesundheit junger Menschen bereitstellen zu können. Diese Erfahrungen sind ungemein wertvoll.
Welche Voraussetzungen braucht es, damit Schüler*innen sich wirksam an der Schule einbringen können?
Malle: Zunächst einmal sind die offiziellen Vertreterinnen und Vertreter wichtig, also Klassen- oder Schulsprecher. Ich selbst habe kein solches Amt übernommen und daher war es wichtig, an Marie-Christins Seite arbeiten und sie unterstützen zu können. Dabei hat sich aber auch gezeigt, dass eben jede und jeder die Möglichkeit hat, sich zu engagieren.
Mossegger: Schülervertretung an der Schule, Landes- und Bundesschülervertretung – diese Gremien haben enorm viele Möglichkeiten, Initiativen umzusetzen, doch vielfach wissen Schüler*innen zu wenig davon. Die Bundesschülervertretung besteht aus 29 Personen, die Spitze spricht für 1,1 Millionen Schüler*innen und ist mehrmals pro Woche mit Entscheidungsträgern im Bildungsministerium im Austausch. Die starke Stimme der Jugendlichen wird aber nicht immer sichtbar genug.
Auch ist es an den Schulen nicht immer einfach, Kandidat*innen für die Schülervertretung zu finden. Warum ist das so?
Malle: Ich selbst konnte es mir schon nicht vorstellen zu kandidieren, habe mir die Aufgabe nicht zugetraut, habe auch zu wenig gewusst. Für meine persönliche Entwicklung waren dann Coachings, die die Schülerunion anbieten, sehr hilfreich. Außerdem frustriert es viele, wenn sie beobachten, dass Personen zwar Funktionen übernehmen, sich dann aber kaum engagieren. Daher lehnen es viele von vornherein ab, sich zu engagieren.
Mossegger: Natürlich gibt es aber auch Versagensängste, wenn man eine Führungsfunktion übernimmt. Auch in der Landesschülervertretung gehört es dazu, dass man Gegenwind erhält.
Wie geht man mit diesem Gegenwind um?
Mossegger: Ich war mit 16 Jahren erstmals Schulsprecherin und habe mir vieles sehr zu Herzen genommen, was sich mit der Zeit als Eifersucht herausgestellt hat. Kritik, die geäußert wird, ist oft nur dafür da, um sich selbst besser zu fühlen. Heute spreche ich Leute, die sich beschweren, aktiv an.
Malle: Es ist schade, dass Engagement für die Gemeinschaft bei manchen Kritik hervorruft. Zusammenarbeit mit der Schule, mit den Lehrkräften wird von manchen von vornherein negativ wahrgenommen, als wolle man sich damit einen persönlichen Vorteil verschaffen.
Gerne wird auch Untätigkeit kritisiert, wenn persönliche Wünsche nicht erfüllt werden. Wie geht man damit um?
Mossegger: Im letzten Jahr waren Lukas Primus und ich in der Schülervertretung genau mit diesem Vorwurf konfrontiert, wir würden uns zu wenig engagieren. Wir haben darauf reagiert und online in zahlreichen Beiträgen darauf hingewiesen, welche Aktivitäten es im Verlauf des Jahres gegeben hatte. Dann war die Kritik nicht mehr so groß.
Malle: Generell ist es sehr wichtig, die Arbeit auch sichtbar zu machen. So können wir allen Schüler*innen zeigen, wofür wir einstehen und welche positiven Entwicklungen es an der Schule gibt.
Marie-Christin, wie darf man sich den Alltag als Landesschulsprecherin vorstellen?
Mossegger: Bereits im Frühjahr des Jahres davor beginnt der Wahlkampf um diese Position, die von den Schulsprechern der einzelnen Standorte gewählt wird. Als Landesschulsprecherin organisiert man mindestens zwei Mal jährlich das Schülerparlament, monatlich kommen Termine mit der Bildungsdirektion sowie der Bundesschülervertretung dazu, mehrmals im Jahr auch mit dem Bildungsministerium. Das österreichische Schülerparlament findet zudem einmal jährlich in Wien statt. Im Alltag ist es zudem wichtig, sich mit den Mitgliedern der Landesschülervertretung auszutauschen, die sich in verschiedenen Referaten für unterschiedliche Themen engagieren.
Verena, du engagierst dich mit Marie-Christin im Vorstand der Schülerunion. Was ist damit verbunden?
Malle: Dem Vorstand gehören aktuell elf Personen an, die sich unterschiedlichen Themen widmen, etwa der Bildungspolitik oder der Pressearbeit. Ich bin für die regionale Arbeit zuständig und darum bemüht, in den Bezirken bessere Strukturen zu schaffen, damit mehr Schüler*innen sich engagieren. Auch gehört es zu unserer Arbeit, Veranstaltungen für Mitglieder und Interessierte zu organisieren. Als Wahlkampfleiterin führe ich Gespräche mit vielen Kandidat*innen, die sich für die Mitarbeit in der Landesschülervertretung interessieren. Da bin ich manchmal auch die Ober-Mami (lacht).
Was hat euer Engagement menschlich aus euch gemacht?
Malle: Das ist ein großes Thema. Mein Engagement hat mich auf allen Ebenen verändert, ich hätte es mir etwa nie vorstellen können, vor so einer großen Menge wie beim Maturaball zu sprechen. Ich habe viele, viele Skills erworben, ich bin über mich hinausgewachsen. Das ehrenamtliche Engagement ist aber auch eine Herzensangelegenheit. Man sagt oft, zur Schülerunion komme man wegen der Sache und bleibe wegen der Menschen.
Mein Engagement hat mich auf allen Ebenen verändert, ich hätte es mir etwa nie vorstellen können, vor so einer großen Menge wie beim Maturaball zu sprechen. Ich habe viele, viele Skills erworben, ich bin über mich hinausgewachsen.
– Verena Malle
Mossegger: Das kann ich unterschreiben. Ich war enorm schüchtern, die Zusammenarbeit mit Trainern bringt einen aber dazu, aus der Komfortzone und aus sich herauszutreten. Ich war früher auch viel chaotischer, arbeite heute sehr strukturiert. Auch meine Menschenkenntnis hat sich stark verbessert.
Die Matura ist geschafft. Wie soll es für euch weitergehen?
Malle: Wir werden unsere Erfahrungen in der Schülerunion weitergeben, übernehmen im nächsten Jahr als Duo die Funktion der Landesgeschäftsführerin und der Obfrau. Wir wollen Schüler*innen dabei helfen, sich zu engagieren und aus sich herauszugehen.
Könnt ihr euch auch vorstellen, euch politisch zu engagieren?
Malle: Natürlich ist das ein Thema, weil wir politische Diskussionen intensiv verfolgen. Aber momentan ist Parteipolitik für mich nicht vorstellbar, weil ich mich nicht hundertprozentig identifizieren kann.
Mossegger: Vor zwei Jahren war ich mir sicher, dass das mein Ziel ist, heute sehe ich das anders. Es ist an der Spitze schwer, wenn man sehr mitfühlend ist, sich viele Dinge zu Herzen nimmt. Ich erhalte durch meine Funktion viele Einladungen verschiedener Bewegungen, lehne diese aktuell jedoch ab.